DAIGA GRANTINA – PILLARS SLIDING OFF COAT-EE
PRODUZENTENGALERIE HAMBURG + KUNSTVEREIN IN HAMBURG
Die lettische Künstlerin Daiga Grantina (*1985), die in Hamburg an der HFBK studierte, arbeitet mit Licht als dichter Materie, indem sie ausschweifende Formen aus durchlässigen und wandelbaren Oberflächen meißelt. Scheinbar in ständiger Metamorphose klettern, kriechen oder schweben die halbtransparenten, organischen Formen in erotisch viszeralen Formationen durch den Ausstellungsraum.
In Bündeln zwischen Boden und Decke gespannt, ist Grantinas aktuelle Reihe von Arbeiten, die Buffs, das Motiv in Nahansicht dieser Publikation. Es handelt sich um Außenskelette oder schalenförmige Körper aus aufgeblähtem Elasthan, die durch eine flüssige Plastikschicht erstarrt sind. Eingearbeitetes industrielles Material und Nippes betonen eine allegorische Lesbarkeit dieser gespannten, üppigen Abgüsse, die physische mit technischen und nach-menschlichen Fähigkeiten verbindet (Kabel als Arterien, Stoff als Haut, Röhren als Atemwege). Bezugnehmend auf klassische Motive aus Skulptur und Malerei, sind Grantinas jüngste Arbeiten in starker methodischer Analogie zu der Herstellung von dem amerikanischen, weichen Toffeebonbon entstanden. Eine klebrige Süßigkeit, die nach den Regeln von flüssig chaotischer Dynamik hergestellt wird. Auf der Suche nach der Mischformel von Salt Water Taffy reiste die Künstlerin zu dem Entstehungsort in die Vereinigten Staaten: Atlantic City. Das essbare Bonbon wird hergestellt, indem eine kristalline Zuckermasse in rotierender Gegenbewegung gezogen wird und somit Luft, durch ein ständiges Schichten von Oberfläche zu Tiefe, eingeschlossen wird. Diese Vereinigung von Materie dient als Inspiration für das künstlerische Verfahren. In einem Mise-en-abyme des Faltens laufen Grantinas Gesten in nicht-linearen Bahnen. Oszillierend und mutierend—so wie die Süßigkeit—scheinen die Werke (sogar nach deren Erschaffung) in ständiger Bewegung.
Im White Cube losgelassen, absorbieren die funkelnden, spröden Materialien ihre umgebende Architektur. Ihre Eingriffe deplatzieren, kolorieren und entkleiden den institutionellen Mantel in einem eindringlichen und einschließenden Antrieb, gleichsam einer keimenden Alge. Das verzierte Tableau der Künstlerin zieht den Blick in eine Folge von Schichten und (Körper-) Öffnungen. Während dieser Strudel von Figur und Grund süss und verführerisch aussieht, ruft er eine Gratwanderung in einem postfaktischen Szenario hervor, wo es weder Himmel noch Hölle, weder Fakt noch Fiktion gibt, sondern ein bodenloses Furnier von Erscheinungen—
ein exzentrischer und unablässiger Wandel unserer Wahrnehmung.
KUNSTVEREIN IN HAMBURG
Die Arbeit in der Produzentengalerie ist eine ‚Aperitif’-Arbeit was die
Einzelausstellung der Künstlerin im Kunstverein in Hamburg ankündigt.
Die Ausstellung im Kunstverein eröffnet am 27.01 um 19Uhr.
Sie sind herzlich eingeladen.