Anna Grath
Reiseziel
Wien/Österreich
Konzept
Das Grabmal von Adolf Loos ist ein schlichter Betonblock. Er findet seine süße Entsprechung aus Kuchenteig in der so berühmten wie schmucklosen Sacher-Torte. Die ornamental verzierte Esterhazy-Torte dagegen ist offensichtlich das Pendant zum Grabmal von Udo Jürgens, dass aus einem tonnenschweren Faltenwurf aus weißem Marmor besteht.
Tod und Torten sind Thema in jedem Reiseführer und jeder Beschreibung Wiens. Dass es auch innerhalb dieser gegensätzlichen Areale wiederum zwei Gegenpole gibt, hat Tradition: Wien ist die Stadt schwelgender Formen, aber auch der sinnlichen Reduktion. Dieses Tauziehen verursacht bis heute ein Spannungsfeld zwischen Opulenz und Sachlichkeit. In diesem Sinne gilt es herauszufinden, ob die Klebstoffe, die die Zuckerbäcker aus Stärke und Mehl mischen, nicht nur Dekorblumen auf Marzipandecken befestigen können, sondern ob man damit den Rüssel einer Teekanne womöglich dauerhaft an einer Tür befestigen kann, um daran eine Jacke aufzuhängen.ographie
Anna Grath, geboren 1983 in Immenstadt, studierte 2008 – 2014 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Andreas Slominski.
Ihre bildhauerischen Arbeiten, für die sie unterschiedlichste Materialien und Gebrauchsgegenstände verwendet, zeigte sie auf diversen Gruppen- und Einzelausstellungen.
Sie lebt und arbeitet in Hamburg, wo sie 2018 das Arbeitsstipendium für bildende Kunst erhielt.
Biographie
Anna Grath, geboren 1983 in Immenstadt, studierte 2008 – 2014 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Andreas Slominski.
Ihre bildhauerischen Arbeiten, für die sie unterschiedlichste Materialien und Gebrauchsgegenstände verwendet, zeigte sie auf diversen Gruppen- und Einzelausstellungen.
Sie lebt und arbeitet in Hamburg, wo sie 2018 das Arbeitsstipendium für bildende Kunst erhielt.
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Michael Kleine
Reiseziel
Italien
Konzept
Die Arbeiten von Michael Kleine entstehen häufig aus der Beschäftigung mit historischen Ritualen, Theater-Inszenierungen und Festen.
In Italien wird er Monumente der etruskischen, römischen und hellenistischen Antike, des Barock und der Moderne besuchen, die als Architekturen für Rituale oder Inszenierungen entstanden sind, Räume, die schon in ihrem Grundriss bestimmte Handlungen vorgeben:
Von den Amphitheatern, den Vergnügungs- und Ritualräumen der Antike, weiter zu verschiedenen Architekturen der religiösen und höfischen Festkultur der Barockzeit in Parks, im Stadtraum, in Kirchen und den intimeren Studios der Palazzi bis zu ihren Reinterpretationen in der Moderne.
Biographie
Michael Kleine ist Bildender Künstler, Ausstatter und Regisseur. Er studierte Musiktheater-Regie an der Theaterakademie Hamburg.
In seinen Arbeiten mischt und zitiert er verschiedene Genres und Formate: Konzert, Oper, Performancekunst, akademische Vorträge und Ausstellungen.
Daraus entstehen Inszenierungen, Objekte und Bühnenbilder.
Seine Bühnenarbeiten waren u. a. an folgenden Häusern zu sehen: Volksbühne Berlin, Ruhrtriennale Bochum, Theater Basel, Kampnagel Hamburg, Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Gare du Nord Basel, Mausoleumskirche Graz, Radialsystem Berlin, Hamburgische Staatsoper, Opéra du Reims, Nouveau Théâtre de Montreuil Paris.
Ausstellungen und Performances wurden u.a. an folgenden Orten gezeigt: Schinkelpavillon Berlin, Künstlerhaus Stuttgart, Sammlung Klosterfelde Hamburg, Galerie Helga Maria Klosterfelde Edition.
www.michaelkleine.com
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Nicola Gördes & Stella Rossié
Chișinău, Detroit, Querfurt
Biographie
Nicola Gördes (*1987, Lennestadt)
2012–2017 Studium an der Kunstakademie Münster bei Prof. Aernout Mik und an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Marcel Odenbach.
Mit dem Reisestipendium RuhrResidence-Go ging sie 2016 nach Washington D.C., um sich vor Ort mit der finalen Phase des US-amerikanischen Wahlkampfs auseinanderzusetzen.
Sie arbeiten in Hamburg und Dortmund.
Stella Rossié (*1989, Bochum)
2011–2017 Bachelor- und Masterabschluss bei Andreas Slominski und Ceal Floyer an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg.
2016–2017 Studium an der Goldsmith University of London. Sie beendete ihr Studium mit dem ritualisierten Tanz Es geht um Leben und Tod.
Konzept
Der typische Fall von „Good from far – far from good“
Lieber Moritz, liebe Vorstandsmitglieder,
„Weder Fatalist des Guten noch des Schlechten“ zu sein, bedeutet zu wissen, dass die Welt „Kraut und Rüben, Gutes und Schlechtes, Nacht und Licht, Mord und Geburt durcheinander“ ist. Nicht Hölle, nicht Paradies – nichts als diese Welt. Was nicht heißt, dass sie zwingend ist, was sie ist, sondern nur, dass sie so ist. So viel Realismus sollte sein. (Marcus Steinweg über Ernst Bloch) Bloch ist aufgewachsen in Ludwigshafen, das Foren-Chats zufolge ziemlich weit oben auf dem Treppchen der unbeliebtesten Städte Deutschlands steht.
Foren- und Blogbesucher sind sehr daran interessiert, Sachverhalte in sicher und gefährlich, gesund und ungesund, gut und schlecht einzuteilen. Seiten wie www.reisefrage.net, zuzweitausgeflogen.de oder www.transfermarkt.de bieten angeregte Unterhaltungen über the ugliest towns in the world. Der selbsterstellte Blog, der von Reisenden für Freunde, Familie und wen es sonst noch interessiert mit Fotos und langen Texten über den Aufenthaltsort gefüttert wird, ist ideal für undifferenzierte, ignorante und hemmungslose Eindrücke.
Doch auch konservative Tageszeitungen können schnelle Schlüsse ziehen: „Wo Paris seinen Eiffelturm hat und Sydney sein Opernhaus, hat Chișinău ein zweigeteiltes Hochhaus in Treppenform. Nach links und rechts steigt es stufenartig an und durch seine Mitte führt die Hauptstraße in die Stadt. Eine Meisterleistung der Sowjetarchitektur, die mangels Alternativen auf vielen Reiseführern abgebildet ist. (…) Im Hotel erwartet einen westlicher Standard, in der Form, wie sich moldawische Inneneinrichter den Westen eben vorstellen.“ (WELT)
Weil die Vorstellung eines Ziels wohl romantischer als der erste Eindruck war oder der Ort der heimischen Normalität widerspricht, wird über eine Stadt, ein Land, deren Einwohner, das Essen und die Kultur geurteilt. Ehemals private freundschaftliche Tipps werden in Reiseblogs zu einer allgemein gültigen, universellen Wahrheit aufgepustet.
Die folgenden drei Städte bekamen aus sehr unterschiedlichen Motivation heraus den Stempel der Reizlosigkeit aufgedrückt. Der Weg in die Stadt Chișinău in der Republik Moldau führt unausweichlich durch das Stadttor von Chișinău“ (Porțile Chișinăului). Es ist ein sozialistischer Betonkomplex der 1970er Jahre am Bulevardul Dacia. Als eines der Kriterien für einen nicht gelungenen Auslandsaufenthalt gilt z.B. ein hoher Prozentsatz von funktionaler Architektur aus Beton, ohne verspielte Formen, häufig entstanden nach massiven Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg.
Nicht mehr benötigte oder nicht intakte Industrie, die zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit und dementsprechend sichtbarer Armut führt, ist auf Reisen nicht gern gesehen. Während der fallende Putz an den Häuser Venedigs geschätzt wird, empfinden die sogenannten Traveller in Detroit, den Zerfall der Gebäude der Stadt als störend. Von dem laut 24aktuelles.com berühmten Städteforscher Udo Schnappinger wurde die Stadt Querfurt in Thüringen zur hässlichsten Stadt der Welt gewählt. „Bewertung in Bezug auf Schönheit, Ausgewogenheit, Wohlfühlfaktor, die Charakteristik der Einwohner, deren Freundlichkeit und Fähigkeit, das Leben zu genießen und regelmäßig Feste zu feiern“, seien in Querfurt auf dem tiefsten Niveau aller Städte. Bekannt wurde die Stadt nach der Landtagswahl 2016, bei der jeder dritte Wähler für die AFD stimmte. Hier bestimmt nicht das Stadtbild die Ästhetik, sondern die politische Ideologie.
Den nun gesammelten Erwartungen nach, erwarten wir in der Kombination dieser Städte dem Grauen ins Auge zu blicken und möchten diese zusammengetragene Vorstellung wie alle Reisenden mit dem Ort abgleichen. Dabei ist es nicht von Belang, den Klischees dringend etwas entgegenzusetzen, diese zu entlarven oder eine Wahrheit zu finden. Aber man kann ja nicht immer nur Blogs lesen.
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Paul Sochacki
Reiseziel
Hamburg, Südafrika
Konzept
Hamburg war in seiner Geschichte oft ein Ort kulturellen Austauschs, sowohl in ethnischer als auch in künstlerischer Hinsicht. Doch wie in vielen anderen deutschen Großstädten hat der Nationalsozialismus auch hier jene sozialen Nischen und gewachsenen Biotope zerstört.
Rückblicke sind historisch möglich, es fehlt jedoch eine Erfahrbarkeit die auf geteilter und tradierter Erinnerung aufbaut.
Nicht weit vom anderen Ende unserer Längengrade, fast 10.000 Km Luftlinie entfernt liegt das Dorf Hamburg in Südafrika. Es ist einer von vielen Orten, deren Name davon erzählt, wie Geschäftsbezüge und Heimatverweise in der Kolonialzeit in der Fremde gesät wurden. Auch hier liegt eine Vergangenheit in der Luft, die von Gewalt und Ausgrenzung gezeichnet ist, ohne jedoch ihre Kontinuität in umfassender Zerstörung verloren zu haben, so steht man sich nun gegenüber. Die Gegenwart Südafrikas, die von Emanzipation, Veränderung und Fortschritt gezeichnet ist, wird eine neue Realität schaffen. In der ländlichen Peripherie, wo die Mobilität und Kommunikation eingeschränkt sind, liegen die Realitäten noch weiter und tiefer verstreut.
Die Reise nach Hamburg, Südafrika, ist der Versuch einer umgekehrten Kulturarchäologie entlang des kolonialen Eros und seiner Artefakte wie leibhaftigen Spuren. Im Vordergrund steht die Frage, welche Konsequenzen sich im Zusammenleben widerspiegeln und welchen Wert die Vergangenheit hat.
Biographie
Paul Sochacki, 1983 in Kraków (Polen) geboren und 1990 nach Deutschland übergesiedelt studierte an der HFBK Hamburg und lebt zwischen Hamburg, Berlin und Ustrzyki Dolne. Sein Künstlerisches Medium ist vorwiegend das Reisen, das er gelegentlich in Malerei und Video übersetzt.
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Paul Spengemann
Reiseziel
Anonym
Konzept
Für das „Neue Kunst in Hamburg“ -Stipendium möchte ich mich mit einer Reise bewerben, deren Orte kein Kriterium für die Bewerbung bilden sollen. Vielmehr plane ich eine Reise mit begleitender bzw. gleichzeitig entstehender Arbeit, in der die besuchten Orte anonym bleiben und nicht kommuniziert werden. Die Anonymität der Orte sehe ich als produktiven Faktor für einen künstlerischen Ansatz, der eine individuelle bzw. persönliche Verselbstständigung der Motive und ihrer Zusammenhänge vornehmen möchte. Dieser ermöglicht eine Arbeit, die sich bewusst einer geografischen Zuordnung entzieht und sich in einer transnationalen Unschärfe verlieren will. Die hiermit verbundene transnationale Haltung in seinen Chancen aber auch Gefahren und Perversionen interessiert mich. Eine Arbeit, die das alleine sein mit der Welt denken möchte.
Biographie
PAUL SPENGEMANN, born 1987 Germany
lives and works in Hamburg
CV/EDUCATION
since 2016 University of Fine Arts Hamburg
MFA, Andreas Slominski & Angela Schanelec, DE
2016 Goldsmiths University of London
Scholarship Holder with Art School Alliance, UK
2011-2016 University of Fine Arts Hamburg
BFA, Andreas Slominski & Angela Schanelec, DE
2008 – 2011 Working as a freelance cinematographer and director
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Kurator Moritz Wesseler
Moritz Wesseler, geboren 1980 in Bremerhaven, studierte Betriebs-Wirtschaftslehre und Kunstgeschichte in Mainz und Paris. Bereits parallel zu seinem Studium begann er damit, Ausstellungen zu organisieren und Künstlerbücher sowie Kataloge herauszugeben. Nach Abschluss seiner Ausbildung absolvierte er ein wissenschaftliches Volontariat an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Von 2013 bis 2018 war Wesseler Direktor des Kölnischen Kunstvereins in Köln, wo er Ausstellungen mit internationalen Künstlern wie Pietro Roccasalva, Nathalie Djurberg & Hans Berg, Andra Ursuta, Annette Kelm, Darren Bader, Petrit Halilaj, Joao Gusmao & Pedro Paiva, Ketuta Alexi-Meskhishvili, Stephen G. Rhodes, Uri Aran, Andro Wekua, Christiana Soulou oder Avery Singer realisierte. Seit Ende 2018 ist Wesseler Direktor des Museum Friedericianum in Kassel. Neben seiner Tätigkeit als Kurator publiziert er regelmäßig Bücher und Texte zur Kunst des 20. Jahrhunderts sowie zur Gegenwart und beteiligt sich an nationalen sowie internationale Fachjurys.
Fotos von der Austellung der geförderten Künstler*Innen am 21.03.2019
Beteildigte Galerien: Galerie Jürgen Becker, Galerie Conradi, Galerie Karin Günther, Multiple Box, Holger Priess Galerie, Produzentengalerie Hamburg, Sfeir-Semler Gallery